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n Berlin-Schöneberg eröffnet im Oktober LoveBase, ein Zentrum, das eine „neue Kultur für Liebe und Sexualität“ etablieren will. Im Interview mit SEIN erklärt die Leiterin Yella Cremer, was das Besondere an LoveBase ist.
Yella, worum geht es bei LoveBase?
Unsere Kultur ist voll von Bildern der großen Liebe und erfüllenden Sexualität, und es wird so getan, als würden sich beide automatisch ergeben, wenn wir nur den richtigen Partner finden. Viele machen jedoch die frustrierende Erfahrung, dass Liebe allein nicht reicht, um guten Sex und eine harmonische Beziehung zu haben. Wer sich dann auf die Suche macht, trifft auf ein Meer von Ratgebern. Bücher bieten viele gute Ideen, aber Klavier-Spielen oder Tango- Tanzen lernt man auch nicht aus einem Buch.
Was wir anbieten, ist ein herz-basierter, friedlicher und ganzheitlicher Zugang zu Liebe und Sexualität. Gleichzeitig sind wir konkret, handfest und nüchtern im positiven Sinn: ohne Scham, Porno und Kitsch.
Was heißt das genau?
Menschen, die zu uns kommen, lernen in sicherer Umgebung zum Beispiel die Kunst der sexuellen Berührung, gehen auf G-Punkt-Forschungsreise, machen Pussytalk, lernen multiple Orgasmen, entdecken die Klitoris und gehen auf Sextoy-Safari. Und für die Liebe stellen sie sich ihre ganz persönliche Werkzeugkiste zur Beziehungspflege zusammen, lernen verhandeln und vereinbaren, mikroskopisch genau die Wahrheit zu sagen und kultivieren männliche und weibliche Qualitäten. Außerdem werden wir unter anderem Kunst mit Körpern machen, Aktfotografie und nacktes Yoga.
Für Menschen, die zum Freundeskreis der LoveBase gehören, wird es auch die sogenannten LoveLabs geben: kompakte, intensive Abendveranstaltungen von jeweils drei Stunden. Dort machen wir zum Beispiel eine orgasmische Meditation oder eine „Blind Experience“, eine Art Kuschelparty mit Augenbinde. Stell dir eine Art Labor vor, wo du dich beobachten, dich bewusst in unbekannte Situationen begeben und experimentell deine eigenen Grenzen erforschen kannst.
Das hört sich ja recht herausfordernd an…
Nicht alles ist für jeden das Richtige, das ist klar. Die Teilnehmer kennen sich selbst am besten und können bei uns deshalb Workshops mit einer, zwei oder drei Chilischoten wählen, die jeweils den Grad der Herausforderung anzeigen. Auf diese Weise bilden sich Gruppen mit ähnlichen Vorstellungen.
Haben Menschen nicht überhaupt Befürchtungen, an solchen Workshops teilzunehmen…?
Ja, uns ist bewusst, dass wir hier mit sensiblen Grenzen zu tun haben. In allen unseren Seminaren gelten bestimmte Regeln, zum Beispiel braucht Berühren Erlaubnis, Ja heißt Ja, Nein heißt Nein, jede Wahl ist okay. Die Teilnehmer können in einer sicheren, liebevollen und achtsamen Atmosphäre gute Erfahrungen machen. Ein Mittel, das wir häufig verwenden werden, ist beispielsweise, dass erste Berührungen bewusst und in Zeitlupe stattfinden. Wir ermutigen Menschen auch, ihre Befürchtungen und Ängste mitzubringen. Angst ist oft ein guter Wegweiser, dass es dort etwas zu gewinnen gibt.
Was unterscheidet euch von anderen tantrisch inspirierten Schulen?
Wir lassen die Räucherstäbchen weg! Menschen, die mehr über Liebe und Sex lernen wollen, brauchen ein Angebot, das direkt ist. Die Tantraschulen, die ich besucht habe, verbringen viel Zeit mit Meditation und therapieartiger Arbeit. Da habe ich letztlich wenig über Sex gelernt. Zudem sind wir keiner Philosophie oder Religion verpflichtet. Spiritualität ist ein wichtiges Element für ein erfülltes Leben, unsere Workshops beschäftigen sich allerdings nicht damit.
Was hat dich bewegt, LoveBase ins Leben zu rufen?
Das Elend, das ich tagtäglich sehe. Menschen sind unglücklich in ihrem Körper, in ihren Beziehungen oder in ihrer Unfähigkeit, eine Beziehung anzufangen. Und viele geben nach einer Weile resigniert auf und hoffen nur noch heimlich, dass alles magisch gut wird (mit dem oder der Richtigen!). Durch mein persönliches Interesse an Sexualität und Liebe habe ich viel darüber gelernt und gebe meine Erkenntnisse gerne weiter. Vor der Gründung der LoveBase hatte ich sieben Jahre eine Tantramassage-Praxis mit einem Team von bis zu 14 Frauen und Männern. So habe ich viel Erfahrung darin, intime Räume zu kreieren und Menschen in ihrer sexuellen Entfaltung zu unterstützen. Außerdem halte ich es für eine im weitesten Sinne politische Arbeit, Menschen mit ihrem Herz und Sex zu verbinden – das macht sie kräftig und selbstbewusst.